Nach
Gott kommt gleich der Papa:
Zerrissen zwischen Wut und Gehorsam
Mozart-Jahr:
Alexander Lutz erinnert mit Liedern und Zitaten an das Musikgenie
Springe
(sga). Einen doppelt gelungenen Beitrag zum Mozartjahr lieferte
der Kulturkreis seinen Hörern. Der Wiener Schauspieler und
Pianist Alexander Lutz ließ den regen Briefwechsel zwischen
Wolfgang Amadeus und seinem Vater Leopold sowie Ehefrau Constanze
lebendig werden: Er spielte ausgewählte Mozartstücke und
bahnte durch die szenische Ausdeutung der Charaktere einen ebenso
packenden wie eigenwilligen Zugang ins Werk und Seelenleben des
Genies.
Auch
beim dritten Konzert dieser Spielzeit war der Kaisersaal des Jagdschlosses
nahezu vollständig besetzt. Bereits während seiner Schulzeit
absolvierte Lutz eine klassische Klavierausbildung an der Hochschule
Wien sowie für Jazzkomposition am Wiener Konservatorium. Nach
seiner Matura studierte er am Salzburger "Mozarteum" Schauspiel
und Regie. 1999 entstand sein Soloprogramm "...ewig dein Mozart".
Darin
präsentiert er ein Zeugnis der teilweise drastischen und frivolen
Sprache Mozarts, seiner Wortspiele voller Esprit und Witz sowie
einen Einblick in das schwierige Verhältnis zu seinem Vater.
Dieser wachte streng über seinen Sohn. Penible Terminüberwachung
auf dessen Konzertreisen und ständiger Antrieb sollten ihm
die Ehre zuteil werden lassen, die er selbst als Violinist der Hofkapelle
nur selten erhielt.
"Setz
Dich berühmten Leuten an die Seite", riet er dem Spross
und versuchte mit all der ihm brieflich zur Verfügung stehenden
Macht, Mozarts aufkeimendes Verhältnis zu der 16-jährigen
Sängerin Aloysia Weber zu unterdrücken. Er jagte ihn nach
Paris: "An Eurem Leben hängt das meinige!", bekam
das junge Talent eingebläut. Mozart antwortet stets als "bis
in den Tod gehorsamster Sohn". Seine Briefe schwankten zwischen
kindlicher Ehrerbietung ("Nach Gott kommt gleich der Papa")
und seiner mühsam zurückgehaltenen Wut.
Er
beschwerte sich zynisch, er müsse "der gesamten deutschen
Nation Ehre machen". Statt Verständnis erntet er Vorwürfe
und Anschuldigungen seines Vaters: "Nachdem Deine Mutter in
Paris hat sterben müssen, Du demnächst auch den Tod Deines
Vaters befördern wirst".
Scheinbar
mühelos schlüpfte Lutz in die unterschiedlichen Rollen
und schaffte es bei den dargebotenen pianistischen Intermezzi, durch
abrupte Abbrüche die seelische Unruhe Mozarts darzustellen.
Musikalisch erlebte man Lutz als unaffektierten Interpreten, dem
es wichtig ist, mit der durchsichtigen Gestaltung einzelner Phrasen
anstelle von vordergründiger Virtuosität zu überzeugen.
Durch
die gelungene Verbindung der Briefzitate mit dem für die damalige
Zeit schier weltfremden, durch viele Dissonanzen bedrohlich wirkenden
Adagio h-moll (KV 540) verdeutlichte der Künstler die innere
Zerissenheit Mozarts: Im Gegensatz zu seinen zunehmend ernster und
reifer werdenden Werken nahm er verbal eine immer infantilere Ausdrucksweise
an.
Mozarts
Heirat mit Constanze, der jüngeren Schwester seiner Jugendliebe
Aloysia, seine letzten durch Existenzsorgen und Schulden geprägten
Jahre - viele interessante Details illustrierte der Akteur musikalisch
wie szenisch überzeugend.
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