Beim
Ständchen bröckelt die bewegungslose Fassade
Adréana
Julia Kraschewski gibt ein Alternativ-Konzert im Jagdschloss
/ Bariton-Abend wird nachgeholt
Springe
(gcs). Zu Gunsten der Hamburger Staatsoper erteilte Christoph Pohl
(Bariton) dem Springer Publikum eine Absage. Auf das angekündigte
Italienische Liederbuch von Hugo Wolf nach Texten von
Paul Heyse mussten die Besucher des Liederabends im Kaisersaal also
verzichten.

Distanziert: Adréana Julia Kraschewski.
Das
Risiko, ohne vorherige Proben mit einem kurzfristig verfügbaren
Bariton aufzutreten, mochte Waldemar Wandel, Vorsitzender des Kulturkreises
Springe, den verbleibenden zwei Interpreten nicht zumuten. Das Konzert
wird 2005 nachgeholt, verriet Wandel am Rande der Veranstaltung.
Als
Alternative, nicht als Ersatz wie Wandel während der
Begrüßung betonte, bot das zum Duo geschrumpfte Trio
Lieder von Arnold Schönberg (1874-1951), Alban Berg (1885-1935),
Johannes Brahms (1833-1897) und Antonin Dvorák (1841-1904).
Interpretiert wurden die Werke von Adréana Julia Kraschewski
(Sopran) und Tobias Krampen (Klavier).
Wenn
auch der kleine Skandal, den die Schönberg-Stücke nach
Gedichten von Richard Dehmel und Johannes Schlaf 1898 verursacht
haben sollen, nicht mehr vorstellbar ist, bleibt dennoch bis heute
einige Irritation spürbar. Schönberg verweigert seinen
Zuhörern jegliche Flucht in eine romantisch verträumte
Feierabendscheinwelt. Ebenso verhält es sich mit Alban Berg,
dessen anschließend dargebotenen sieben frühen Lieder
mit Titeln wie Die Nachtigall oder Liebesode
zwar gefühlsbetonte Texte vermuten lassen mochten, mit deren
Vertonungen er aber unüberhörbar seinem Lehrer Schönberg
folgt. Sängerin Kraschewski übernahm die Rolle gekonnt.
Mit technisch versierter Stimme, sparsamster Gestik und verhaltener
Mimik verriet sie kaum Emotionen und blieb auf Distanz. Diese behielt
sie auch beim Vortrag von sechs Stücken von Johannes Brahms
und Zigeunermelodien von Antonin Dvorák vollständig
bei bis zur Zugabe. Während sie das Ständchen
von Brahms sang, bröckelte schließlich die bewegungslose
Fassade.
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